Studientag mit Jahresversammlung

Wangen im 16. Jahrhundert. Erneuerung und Reform

Am Samstag, den 11. Oktober 2014 trafen sich Mitglieder und Freunde in Wangen im Allgäu. Der Studientag läutete das Wangener Doppeljubiläum ein, das die Stadt 2015 begehen kann: Vor 1200 Jahr wurde in einer St. Gallener Urkunde der „hofe wangun" zum ersten Mal erwähnt und vor 600 Jahren die Bruderschaft St. Ulrich gegründet.

Im historischen Ratssaal des Wangener Rathauses konnte der Vorsitzende des Geschichtsvereins die Gäste begrüßen

In diesem Saal hatte sich der Rat der Stadt und der Bürgermeister 1552 beraten, wie in der unruhigen Zeit zu agieren sei. Damals, so berichtete Dr. Peer Frieß (München), standen die Türken vor Wien, man fürchtete den nahen Weltuntergang. Die bäuerliche Bevölkerung litt schon seit Jahren unter den Auswirkungen der frühkapitalistischen Wirtschaftsweise, unter steigenden Abgaben und einer verdichteten Herrschaft vor Ort.

1552 hatten plündernde schwedische Heere weiteres Eigentum zerstört und niemand schien Abhilfe schaffen zu können: Der Kaiser war machtlos - ohne Geld und ohne Heer. Die Kirche schien keine reale Hilfe zu bieten. Sollten sich die Wangener bzw. ihr Stadtrat neue politische Verbündete suchend und sichreformierten Kurfürsten unterwerfen, die mit Macht auf einen Anschluss drängten? Sollten Sie sich der Reformation öffnen? Die Nachbarstädte Ravensburg und Leutkirch hatten es 1546 vorgemacht. Doch wie konnte der Stadtrat seine Macht retten?

In Wangens Bürgerschaft gärte es. Bürger rotteten sich zusammen und forderten die Einführung der Reformation. Dies misslang: Der gut über die politische Lage informierte Wangener Bürgermeister und der Stadtrat - die Katholiken lagen damals wieder "vorn" - wehrte die Forderung machtvoll ab und ließ 22 Rädelsführer verhaften.

Wie stark kirchliche Kräfte vor Ort bei der Abwehr der Reformation Einfluss nahmen, ist bislang nicht eindeutig nachzuweisen. Stephan Wiltsche (Wangen), der seine Quellenstudie zur Bruderschaft St. Ulrich vorstellte, konnte keinen eindeutigen Nachweis erbringen.

Der Referent hatte es sich zu Ziel gesetzt, die Ergebnisse seiner archivalischen Forschung bezüglich Gründung, Konzeption, Wandel und Wirkung vorzutragen. Die spätmittelalterliche Reformbewegung, so führte der Referent aus, hatte zunächst das primäre Ziel, eine Gebetsbruderschaft zu sein: Jedes Mitglied sollte für die anderen beten in deren Todesstunde und nach dem Tod. Auch Laien beiderlei Geschlechts konnten Mitglied sein. Sie war also noch keine Priesterbruderschaft.

Die reformatorischen Umtriebe im 16. Jahrhundert bedrohten die Priesterbruderschaften in Ravensburg (Gründung 1412) oder Biberach (Gründung 1451). Doch in Wangen bot die gute innerstädtische Vernetzung mit der Bruderschaft und im Jahr 1552 die "Standhaftigkeit" von Stadtrat und Bürgermeister - Peer Frieß hatte darüber berichtet - Sicherheit.

Während der folgenden Jahrzehnte wandelte sich die Gebetsgemeinschaft in eine Priestergemeinschaft. 1717 gab sie sich exakt formulierte Statuten und zielte nun verstärkt darauf ab, den Klerikerstand zu reformieren; Man wollte "Lauigkeit und Ketzerei" begegnen. Zudem sollte die priesterliche Bildung verbessert, die Predigttätigkeit intensiviert und für besseren Lebenswandel des Klerus gesorgt werden. Der Stadtrat (er besaß wie in den meisten Städten das Besetzungsrecht der Pfarrstellen) entließ damals einen Wangener Kleriker, weil er ein Kind gezeugt hatte.Frauen wurde nun die Mitgliedschaft verwehrt. Um 1850 - in einer Zeit ultramonataner Katholizität - wurden auch männliche Laien aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Seither existiert sie als Priesterbruderschaft.

Programm

ab 10:00 Uhr Historisches Rathaus
      Eintreffen bei Kaffee und Gebäck | Tagungsbüro 
10:30 Uhr Ratssaal 
      Begrüßung Prof. Dr. Konstantin Maier 
      Grußwort Oberbürgermeister Michael Lang 
Vorträge 
      Stephan Wiltsche (Wangen im Allgäu):  Neues zur 
      Priesterbruderschaft St. Ulrich 
      Dr. Peer Frieß (München):  Reformation und Katholische Reform in 
      den oberschwäbischen Reichsstädten 
Schlusswort 
      Weihbischof Dr. Johannes Kreidler

Das Duo Schalekamp wird uns am Vormittag auf historischen Instrumenten Musik aus dem 15. und 16. Jahrhundert präsentieren

12:30 Gemeindehaus St. Martinus 
      Gemeinsames Essen 
14:00 Führungen durch die Stadt und die Kirchen durch
      Dr. Jörg Leist, Oberbürgermeister i.R. 
      Dr. Rainer Jensch, Stadtarchivar 
      und Johannes Steinhauser

16:00 Gemeindehaus St. Martinus 
      Mitgliederversammlung bei Kaffee und Kuchen

Ende gegen 17 Uhr

hier der  Programmflyer