Jahresversammlung

2009 Ravensburg - Zwei Konfessionen in einer Stadt

Studientag mit Mitgliederversammlung am Samstag, 17. Oktober 2009

zum Thema Bikonfessionalität und Parität in Ravensburg.

Vorträge | Musik | Gemeinsames Essen | Führungen durch Stadt und Humpis-Museum | Mitgliederversammlung 

Am 17. Oktober trafen sich Mitglieder und kirchengeschichtlich Interessierte aus der ganzen Diözese zum Studientag mit Jahresversammlung in Ravensburg. 

Eine wichtige Besonderheit der ehemaligen Reichsstadt ist deren konfessionelle Uneinheitlichkeit, ihre Bikonfessionalität und - nach dem Dreißigjährigen Krieg - seit 1648 die reichsrechtlich geregelte Konfessionsparität. AlsTagesthemawar daher „Zwei Konfessionen in einer Stadt" gewählt worden.  

Zwei Vorträge beschäftigten sich mit den Folgen dieser Sonderstellung. Prof. Dr. Andreas Holzem (Tübingen) stellte fest, dass in einer bikonfessionellen Stadt eine andere Kriegsethik und -deutung entstehen musste als in konfessionell einheitlichen Orten. Hier konnte der Glaubenskrieg nicht als „Heiliger Krieg" oder als (gerechte) Strafe Gottes interpretiert werden, traf der Kriegs- und Pesttod doch meist beide Konfessionsgruppen in demselben Maß. Kriegerische Handlungen - seien es nun Niederlagen oder Kriegsgewinne - konnten hier kaum sinnhaft als Eingreifen Gottes gedeutet werden. Die Kriegspredigten waren folglich weniger fanatisch und hetzend als andernorts. Sie behandelten primär Buß- und Barmherzigkeitsthemen und hatten das Ziel, Trost zu spenden. Kriegsleiden schürte hier nicht Hass, sondern ließ die Friedenssehnsucht wachsen.

Dr. Nicole Horvath (Tübingen) informierte anschließend über gesamtgesellschaftliche Realitäten im Ravensburg des 18. Jahrhunderts. Die Stadt war mit dem Reichsfrieden 1648 zu einer konfessionsparitätisch organisierten Einheit erklärt worden. Dies hatte langfristig Einfluss auf die städtische Kultur. Nahezu jedes öffentliche Amt wurde seitdem nach dem Konfessionskriterium vergeben: Katholische und evangelische Bürgermeister standen ihren jeweiligen Stadträten vor, evangelische und katholische Ärzte und Hebammen behandelten ihr je eigenes konfessionelles Klientel, desgleichen Hochzeitslader, Apotheker, Lehrer oder Totengräber.

Neben den beiden Teilkulturen entwickelte sich jedoch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine konfessionsübergreifende Kultur, die sich auf christliche Werte, den „einen Gott", so ein Vermerk im Ratsprotokoll, berufen konnte.

Ein ökumenisch-paritätischer Stadtrundgang mit Oberbürgermeister Hermann Vogler, Pfarrer Hermann Riedle, Dekan Dr. Friedrich Langsam und Stadtarchivar Dr. Andreas Schmauder ließ nach dem Mittagessen das Gehörte noch einmal besonders anschaulich werden.

Musikgenuss mit dem Ensemble musica chiara im Innenhof des Museum Humpis Quartier - mit anschließender Führung und abschließender Mitgliederversammlung im Katholischen Gemeindehaus Liebfrauen.